Q&A rund um Liechtensteiner Stiftungen

Was ist eine Liechtensteiner Stiftung?

Sie ist ein verselbstständigtes Zweckvermögen. Oder auf Deutsch: sie ist eine juristische Person ohne Eigentümer. Aber mit Zweckbestimmung. Das kann Gemeinnützigkeit sein oder eine Familienstiftung, in der ein Vermögen für zukünftige Generationen aufbewahrt wird.

Wie funktioniert eine Stiftung?

Ein Stifter bringt Vermögenswerte in die Stiftung ein und definiert den Stiftungszweck in einer Satzung. Er ernennt einen Berater oder Aufsichtsrat, sowie den eigentlichen Stiftungsrat. Der kümmert sich um die satzungsgemässe Verwaltung des Vermögens und die Ausschüttung an die Destinatäre oder Begünstigten.

Wie gründet man eine Stiftung?

Das kann jeder tun. Voraussetzung ist, dass ein Liechtensteiner Treuhänder oder Anwalt die Satzung der Stiftung überprüft. Zudem muss in jeder Stiftung obligatorisch ein Liechtensteiner Treuhänder Einsitz nehmen. Die Gründung kostet im Schnitt 5000 Franken, wenn die Stiftungsurkunde aus dem Stehsatz genommen wird.

Was kostet eine Stiftung?

Neben der Grundgebühr ist eine jährliche Verwaltungsgebühr von mindestens 2000, im Schnitt weiteren 5000 Franken fällig. Dazu kommt eine Pauschalbesteuerung von Fr. 1800 im Jahr, bei Vermögenswerten über einer Million reduziert sich dieser Betrag. Erträge sind in Liechtenstein steuerfrei. Für die Erstellung einer Steuererklärung kassiert der Treuhänder zudem mindestens 2000 Franken. Das alles bezieht sich auf eine einfache Stiftung. Als Grundkapital müssen USD/Euro/CHF 30’000.- einbezahlt werden. Für die Lagerung des Vermögens kassieren Liechtensteiner Banken im Schnitt 0,3 Prozent.

Wie sieht das steuerlich aus?

Die Erträge einer Stiftung werden dort versteuert, wo der Begünstigte seinen Steuersitz hat. Seitdem Liechtenstein dem AIA, dem Automatischen Informationsaustausch, beigetreten ist, nützt es dem Begünstigten nichts mehr, dass er in keinerlei öffentlich einsehbaren Registern auftaucht. Der Beneficial Owner, also der Bezugsberechtigte, muss den lokalen Steuerbehörden angegeben werden. Das führte dazu, dass die Anzahl der Liechtensteiner Stiftungen von über 50’000 auf unter 8000 schrumpfte.

Welche steuerlichen Vorteile gibt es noch?

Der Begünstigte muss nur das an seinem Steuersitz versteuern, was er tatsächlich bezogen hat. Entsteht aus dem Stiftungsvermögen beispielsweise ein Profit von 500’000 Franken, der Begünstigte bezieht davon aber nur 100’000 Franken, so muss er nur die versteuern.

Kann man mit Stiftungen weiterhin Steuern hinterziehen?

Im Prinzip ja, aber es ist komplizierter (und teurer) geworden. Als Beneficial Owner müssen weitere Konstrukte eingesetzt werden, um einen Schutzschirm zu errichten, der den Liechtensteiner Treuhänder davor schützt, den eigentlichen Nutzniesser angeben zu müssen.

Ab wann lohnt sich die Errichtung einer Stiftung?

Im Schnitt geht man davon aus, dass ein Vermögen ab 3, besser 5 Millionen Franken Voraussetzung ist. Zudem sollten bei Familienstiftungen erkennbare Vorteile entstehen, im Vergleich zu einer «normalen» Vermögensverwaltung.

Ist jede Stiftung eine lusche Sache, verfolgt jeder Stifter zweifelhafte Ziele?

Nein. Eine Stiftung ist wie ein Trust zunächst einmal ein Gefäss, in dem oftmals komplizierte Vermögensverhältnisse strukturiert werden. Ein Stifter möchte beispielsweise auf verschiedene Länder verteilte Vermögenswerte bündeln, die zudem in unterschiedlicher Form an eine Schar von begünstigten ausgeschüttet werden sollen, die ihrerseits in verschiedenen Ländern und unter verschiedenen Steuerregimes leben.

Welche Rolle spielen die Liechtensteiner Stiftungsräte?

Im besten Fall ist eine Stiftung für sie eine willkommene Einkommensquelle. An der Errichtung und der Ausstellung einer Stiftungsurkunde verdienen sie ohne grosse Anstrengung gutes Geld. Das setzt sich bei der Verwaltung fort. Im einfachsten Fall verdient der Stiftungsrat ohne die geringste Gegenleistung mindestens 5000 Franken im Jahr. Für jede Handreichung, für die Organisation der Steuererklärung, für allfällige Veränderungen am Stiftungszweck verdient er zusätzlich. Dafür werden gerne Stundenansätze von Fr. 400.- aufwärts in Rechnung gestellt. Ob die eingeforderten Beträge tatsächlich mit erbrachten Dienstleistungen zu tun haben, ist meistens unübersichtlich bis nicht eruierbar.

Was bedeutet dekantieren?

Neben den normalen Bereicherungsmethoden gibt es auch noch rabiate. Dekantieren bedeutet, dass der Stiftungsrat, in Ausübung seiner Prokura, die Vermögenswerte einer Stiftung abzieht und in ein neues Gefäss umgiesst, auf das nur er Zugriff hat. Erkundigt sich der Stifter nach dem Verbleib des von ihm einbezahlten Stiftungskapitals, wird ihm bedeutet, dass der Treuhänder dem Anwalts- und Geschäftsgeheimnis unterliegt und dazu keine Auskunft erteilen kann.

Welche weiteren Bereicherungsmöglichkeiten gibt es für Liechtensteiner Stiftungsräte?

Hier sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Beratungsdienstleistungen aller Art, ob selber erbracht oder via Strohmann, werden zu exorbitanten Ansätzen in Rechnung gestellt. Hinzu kommen Spesen in schwindelerregender Höhe. Handelt es sich bei den Vermögenswerten nicht nur um Geld, sondern beispielsweise um Immobilien, kann der Stiftungsrat eine solche Immobilie an sich selbst vermieten, zu einem Pauschalbetrag von einem Euro – pro Jahr. An der Vermögensverwaltung kann der Stiftungsrat direkt oder über Intermediäre Kick-backs, Kommissionen und Retrozessionen verdienen, die er gegenüber dem Stifter oder den Begünstigten nicht ausweist. Er kann ganz allgemein Gewinn verschleiern und Verluste aufpumpen, bzw. Zuwendungen als Verluste kaschieren.

Was ist der neuste Trick der Selbstbereicherung?

Um das Dekantieren zu vermeiden, gehen immer mehr Begünstigte auch in den Stiftungsrat, um auf dem Laufenden zu bleiben, was die Liechtensteiner so treiben. Diese störende Anwesenheit kann aber neuerdings vermieden werden. Neuer Trick: Man wirft dem Stiftungsrat und Begünstigten den «Anschein eines möglichen Interessenskonflikts» vor. Dieser Anschein kann schon durch die Einforderung einer Rechnungslegung entstehen. Damit ist der störende Stiftungsrat entfernt. Diese Begründung wird in Liechtenstein durch alle Instanzen bis hin zum Staatsgerichtshof, der obersten Instanz, geschützt.

Gibt es mehr als Einzelfälle von Fehlverhalten?

Bislang wurden alle Arten von Übergriffen immer als «bedauerliche Einzelfälle» abgetan. Durch die neue, gerichtlich geschützte Waffe, einen unliebsamen Stiftungsrat einfach rauskübeln zu können, ist ein systemisches Problem entstanden. Denn hier handelt es sich nicht mehr um Einzelfälle, sondern eine potenzielle Bedrohung gegen jeden Begünstigten, der aus Sicherheitsgründen im Stiftungsrat sitzt. Ist er einmal daraus entfernt, kann ihm sogar die Begünstigung entzogen werden.

Welche Rolle spielt die Liechtensteiner Justiz in Problemfällen rund um Stiftungen?

Eine sehr üble. Das fängt damit an, dass ein dekantierter Begünstigter oder Stifter schon Schwierigkeiten hat, die Staatsanwaltschaft zu einer Strafuntersuchung zu bewegen. Die vermisst in solchen Fällen den Anfangsverdacht. Da der Dekantierte an die Mauer des Anwaltsgeheimnisses stösst, kann er nur schlecht Dokumente zur Stützung seiner Anklage einreichen. Die Staatsanwaltschaft sagt, dass es ja nicht ersichtlich sei, ob nicht der Begünstigte selbst das Geld aus der Stiftung genommen habe. Also fehle ein Anfangsverdacht, und ohne den gibt es keine Strafuntersuchung. Aber es bleibe ja der Zivilweg.

Ist wenigstens die zivile Gerichtsbarkeit zu gebrauchen?

Bis anhin verschleppen die zivilen Instanzen Prozesse gern mal über Jahre und sogar Jahrzehnte, immer in der Hoffnung, dass sich das Problem biologisch löse, also durch den Tod des Klagenden. Selbst wenn in seltenen Fällen eine strafrechtliche Verurteilung eines Treuhänders vorliegt, heisst das keinesfalls, dass nun der Zivilprozess um Entschädigung oder Wiedergutmachung gewonnen werden kann. Als berühmtestes Beispiel gibt es den Fall der Familie Bacardí, in der die Witwe des Stifters schon seit Jahren und vergeblich um die Auszahlung vieler Millionen zugunsten der inzwischen erwachsenen Tochter prozessiert.

Was kann man gegen die Phalanx von Treuhändern, Anwälten, der Staatsanwaltschaft und der Liechtensteiner Justiz unternehmen?

Es hilft nur Öffentlichkeit. Der Fürst und die Liechtensteiner Banken sind bemüht, das Image des Finanzplatzes Liechtenstein weiter zu verbessern. Nachdem die Stiftungen als Steuerhinterziehungsmodell ausgedient haben, ist da auch zum Teil gelungen. Allerdings hat die Verringerung der Anzahl Stiftungen bei gleichbleibender Anzahl von Treuhändern dafür gesorgt, dass neue und verzweifeltere Methoden von Selbstbereicherung angewendet werden. Fürstliche Geheimräte, sogar führende Mitglieder der Anwalts- und Treuhandzunft wanderten schon ins Gefängnis.

Das wird immer als bedauerliche Einzelfälle abgetan. Mit der neuesten Rechtsprechung hat aber wieder Wildwest in die Welt der Stiftungen Einzug gehalten. Indem man Fürst und Banken klarmacht, dass dadurch ein anhaltender Reputationsschaden entsteht, kann man bewirken, dass diese Willkür-Justiz wieder näher an rechtsstaatliche Verhältnisse geführt wird.

Womit muss man in Liechtenstein auf dem Gebiet von Stiftungen rechnen?

Mit allem. Mit ungetreuen Treuhändern. Mit einer Wildwest-Justiz. Mit Verschleierung, Verschleppung und der Verweigerung banaler rechtsstaatlicher Prinzipien. Es gibt nur wenige grosse Kanzleien, die das Geschäft mit Stiftungen unter einander aufgeteilt haben. Da Liechtenstein nur etwas mehr als 38’000 Einwohner hat, kennt in der Juristenzunft so ziemlich jeder jeden. Viele Anwälte waren selbst einmal Richter, viele Richter wollen anschliessend lukrative Einnahmequellen erschliessen. Daher sind alle Rechtsorgane gemeinsam daran interessiert, sich gegenseitig keinen Schaden zuzufügen. Nur ihren Mandaten natürlich.

Früher war das noch einfacher. Als häufig Schwarzgeld in solchen Gefässen gelagert wurde, genügte der Hinweis an einen aufmüpfigen Stifter, der sich über exorbitante Honorare oder das Verschwinden von Geld beklagte, dass man ohne weiteres eine Anzeige wegen des Verdachts auf Geldwäsche bei dessen Steuerbehörde machen könne. Und schon war Ruhe.

Welchen Standortvorteil hat Liechtenstein?

Für die Errichtung eines Trusts oder einer Stiftung bieten sich neben Liechtenstein eine Unzahl kleiner Inseln im Atlantik und Pazifik an. Dazu Singapur, Grossbritannien oder die USA. Liechtenstein profitierte bislang von der geographischen Nähe, vom Image als traditionsreicher, stabiler, rechtsstaatlicher Aufbewahrungsort für grössere Vermögen. Vor allem bei Generationen überdauernden Stiftungen ist langanhaltende Stabilität und die Nähe zur Schweiz, samt weitgehender Steuerfreiheit, ein starkes Argument.

Falls aber die Rechtstaatlichkeit ernsthaft in Zweifel gezogen werden muss, verliert Liechtenstein eine wesentliche USP. Denn welcher Stifter oder Begünstigter möchte sich (oder seine Nachkommen) schon dem Risiko aussetzen, dekantiert zu werden, aus dem Stiftungsrat rausgeworfen, sogar als Begünstigter abgesetzt zu werden.