Wie es um die Medienvielfalt und -freiheit in Liechtenstein steht …

Die aufmüpfigen Untertanen im Ländle haben dem Fürstenradio Liechtenstein den Stecker gezogen. Obwohl die Regierung, die ihrerseits nichts ohne Absprache mit dem Fürschten tut, noch in strengen Worten davor gewarnt hatte.

Ob die Fürstenknechte das bereuen werden, wird sich noch zeigen. Denn das Abstimmungsergebnis ist klar, Ende Sendung. Aber: damit ist in dieser absolutistischen Monarchie noch lange nicht das letzte Wort gesprochen. Denn wenn es dem Fürschten, wenn es dem herrschenden Kronprinzen Alois beliebt, kann dieser Volksentscheid über den Haufen geschmissen werden. Durch eine huldvolles, aber strenges Nein.

Beziehungsweise dadurch, dass das Fürstenhaus nicht geruht, einen entsprechenden Erlass zu unterzeichnen. Wird allerdings der schwer defizitäre Sender abgestellt, bleibt doch immer noch die Pressevielfalt gewahrt. Dafür sorgen natürlich die zahlreichen Printmedien. Zum Beispiel das Liechtensteiner Volksblatt. Hoppla, das wurde ja 2023 eingestellt.

Gut, dann halt die Liechtensteiner Nachrichten. Oh je, die wurden ja 1935 mit dem «Liechtensteiner Heimatdienst» zusammengelegt und in «Vaterland» umbenannt.

Und das, endlich ein Treffer, gibt es heute noch. Etwas über 8000 Exemplare setzt das ab, damit erreicht es satte 18’000 Leser. Es ist auch in der demokratischen Meinungsbildung des Ländle nicht wegzudenken. Beeindruckend, wie unabhängig, objektiv und geradezu kritisch es gegenüber Autoritäten, dem Staat, der Regierung und gar dem Fürstenhaus eingestellt ist.

Hätte es dazu noch eines weiteren Beweises bedurft, hier ist er:

«Alles Gute. Erbprinzessin Sophie feiert heute ihren 57. Geburtstag».

Natürlich ist ein Ständchen zum Geburtstag nicht der richtige Ort für kritische Bemerkungen. Aber allzu schleimig sollte es dann doch nicht werden:
«Nach dem Abitur und während eines mehrmonatigen Aufenthalts in London, belegte sie Seminare an der Inchbald School of Interior Design. Ihr besonderes Interesse galt dabei den vielfältigen Stilen in der Inneneinrichtung. Anschliessend studierte Erbprinzessin Sophie Geschichte und Anglistik an der Katholischen Universität in Eichstätt.» Also eine mehrfache Studienabbrecherin.
Sie kann natürlich nicht zu jedem Geburtstag dem «Vaterland» Rede und Antwort stehen, also wird ehrfürchtig zitiert, was sie zu ihrem 50. sagte: «Es ist sehr schön und erfüllend, wenn man helfen kann. Man bekommt einen realistischeren Blick auf die Welt.» Alle Bereiche, in denen sie sich engagiere, «würden ihr am Herzen liegen».
Das hat dann das Blatt knallhart recherchiert: «Und das Engagement von Erbprinzessin Sophie ist vielfältig.» Sie ist Präsidentin des Liechtensteinischen Roten Kreuz, gründete 2006 die «Sophie von Liechtenstein Stiftung für Frau und Kind»». Die soll bei ungewollten Schwangerschaften eine Abtreibung verhindern.
Aber das ist noch nicht alles an vielfältigem Engagement: «Seit 2022 hat Erbprinzessin Sophie die Schirmherrschaft des Heilpädagogischen Zentrums (HPZ) übernommen. Sie ist damit nach Fürstin Gina und Fürstin Marie die dritte Schirmherrin für das HPZ aus dem Fürstenhaus.»
Das ist doch Grund genug, ein wenig von der sonst üblichen journalistischen Distanz und Objektivität abzuweichen:
«Ein herzliches «Happy Birthday» an Erbprinzessin Sophie zu ihrem 57. Geburtstag!»
Also, das vielfältige und ihr so am Herzen liegende Engagement der Erbprinzessin besteht aus der Präsidentschaft beim Roten Kreuz und der Gründung einer Stiftung. Wow.
Dazu kommt dann noch, ähem, darüber hinaus, räusper, zusätzlich dazu, hüstel.
Nein, sonst ist da nichts mehr. Und ob die Präsidentschaft und die Stiftungsgründung eine abendfüllende Tätigkeit sind, das muss doch streng bezweifelt werden.
Aber solch kritische Worte würden natürlich niemals im «Vaterland» erscheinen, das sich beflissen bis zum Boden verneigt, und dabei ist das «nur» die Erbprinzessin.
Wenn untreuhaender.li etwas untertänig anregen darf: wie wäre es mit einer Stiftung für ausgenommene Stiftungsräte? Wie wäre es mit Betreuung von Opfern der Liechtensteiner Untreuhänder? Wie wäre es mit Beistand für Witwe Bacardí, der mal kurz über eine Milliarde Dollar weggenommen wurden?
10 Kommentare
  1. Liewo
    Liewo sagte:

    Neben dem «Vaterland» gibt es doch noch das wöchentliche Anzeigenblatt «Liewo», da stehen auch immer interessante Sachen drinnen, so wie Sonderangebote für Waschmittel oder heute aktuell, dass «Trendfood Kimchi» die Küchen erobert, Medienvielfalt ist also in Liechtenstein vorhanden.

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  2. Meinungsvielfalt "Vaterland"
    Meinungsvielfalt "Vaterland" sagte:

    Die Zeitung «Vaterland» ist doch ganz sicher dialektisch und strebt den Austausch widersprüchlicher Argumente an.

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  3. Schwurbel
    Schwurbel sagte:

    Wenn es das «Vaterland» nicht gäbe, wer auf dieser Welt würde denn dann noch schreiben, dass Liechtenstein ein so vertrauenswürdiger Rechtsstaat sei, wo sich doch schon längst herumgesprochen hat, dass Liechtenstein kein Rechtsstaat ist und dass in Liechtenstein beispielsweise kriminelle Treuhänder von einer nicnht neutralen Justiz geschützt werden.

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  4. Franz
    Franz sagte:

    Eine Zeitung muss ja schreiben wie großartig alles ist. Die Treuhand Kammer, selbst wenn deren Vizepräsident Anton Wyss von dem OFAC sanktioniert wurde und deren Präsident Stefan Wenaweser Dokumente aus Akten gestohlen hat. Die Treuhänder, von denen schwarze Schafe Stiftungen und Trusts kapern und dekantieren. Die Justiz, die zum Teil mit abenteuerlichen Entscheidungen solche Raubzüge protegiert. Dafür ist dann die vaterländische Postille „Vaterland“ da.

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  5. Daniel
    Daniel sagte:

    Früher nannte man Bekanntmachungen von Herrschern “Edikte”. Diese wurden erlassen, um Gesetze, Anordnungen oder wichtige Informationen öffentlich bekannt zu geben.
    Heute ist es feiner und verwendet der Monarch in Liechtenstein ein Interview im „Vaterland“, um seine Ansicht darzustellen.
    Im Ergebnis ist es das Gleiche, der Monarch sagt, was getan werden muss.

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  6. Gebrüder Grimm
    Gebrüder Grimm sagte:

    Jeder weiss was für eine zwielichtige Reputation Liechtenstein hat. Erst Versteck für Schwarzgeld, dann Versteck für Russengelder, eine befangene Staatsanwaltschaft, nicht neutrale Richter usw. Da ist es doch schön, dass es auch ein Blatt gibt, dass dies alles leugnet oder zumindest überspielt und das Märchen vom seriösen Liechtenstein erzählt.

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  7. Gerald
    Gerald sagte:

    Ich komme aus Ostdeutschland und kenne das Prinzip von früher. Bei uns hieß die einzige Zeitung „Neues Deutschland“ und es gab auch nur eine Meinung im Land, die staatliche Meinung.

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