Was anderswo kriminell wäre, ist in Liechtenstein normal.

Der Pferdefuss einer Liechtensteiner Stiftung hat einen Namen. Der lautet Liechtensteiner Anwalt oder Treuhänder. Denn ein solcher muss obligatorisch im Stiftungsrat Einsitz nehmen. Und dieser wiederum ist das oberste Organ einer Stiftung.

Erschwerend kommt noch hinzu, dass sich der Stifter vom direkten Besitz all der Wertgegenstände oder des Vermögens verabschiedet, wenn er es in eine Stiftung einbringt. Das kann aus verschiedenen – edlen und weniger edlen – Motiven sinnvoll sein.

Also spielen wir mal folgende Fall durch. Stifter Max Mustermann errichtet in Liechtenstein eine privatnützige Stiftung und füllt sie mit einige Immobilien sowie einem Kapital von 40 Millionen Franken auf. Insgesamt beträgt der Wert der Stiftung rund 100 Millionen.

In den Stiftungsrat nehmen der Stifter selber, der obligatorische Liechtensteiner Treuhänder sowie noch ein von diesem empfohlener Liechtensteiner Anwalt Einsitz. Der Anwalt sei Steuerspezialist, wird er angepriesen, das sei immer gut, wenn es darum gehe, die Steuererklärung der Stiftung korrekt und optimal auszufüllen.

Nun gibt es eine einfache Möglichkeit, wie der Stifter selbst ausgebootet werden kann. Das kann am besten in zwei Etappen stattfinden, wobei die auch zusammengelegt werden können. Je nach Gusto. Es wird eine Versammlung der Stiftungsräte einberufen. Einziges Traktandum: Abwahl des Stiftungsrats Mustermann. Abstimmungsergebnis: 2 Stimmen für die Abwahl, 1 dagegen. Klare Sache, Mustermann ist als Stiftungsrat weg vom Fenster.

Kaum hat er sich von diesem Schlag wieder aufgerappelt und mutig dagegen vor einem fürstlichen Gericht geklagt, kommt noch der zweite Schlag. Denn Mustermann ist ja immer noch Begünstigter seiner Stiftung. Allerdings nur solange, bis ihn die beiden verbliebenen Stiftungsräte auch hier rauskübeln.

Dafür haben sie eine ganz einfache Möglichkeit, so schön ist das im Ländle geregelt. Indem Mustermann gegen die Stiftung geklagt hat, hat er gegen einen Artikel verstossen, der in fast jeder Stiftungsurkunde genau aus diesem Grund drinsteht. Klage nämlich ein Begünstigter gegen seine Stiftung, dann habe er damit seine Stellung als Begünstigter verwirkt. Praktische Fussangel.

Und wer denkt schon bei der Gründung einer Stiftung, während er diese Urkunde überfliegt und der Treuhänder mit treuem Augenaufschlag sagt «alles Routine, ich habe solche Urkunden schon Dutzende von Malen ausgefertigt», auch nur im Traum daran, dass ihm daraus einmal ein Strick gedreht werden könnte.

Somit haben es die beiden an Bord bleibenden Untreuhänder mit zwei einfachen Handgriffen geschafft, den Stifter vollständig von seiner Stiftung zu trennen.

Sollte das mit der Abwahl nicht klappen, gibt’s auch hier einen Plan B. Dann erweckt der zu kübelnde Stiftungsrat halt den blossen Anschein einer möglichen Interessenskollision. Was das ist? Ach, nicht fragen, das versteht – ausser fürstlichen Gerichten – sowieso keiner. Jedem Juristen ausserhalb von Liechtenstein stellt es zwar die Nackenhaare auf, wenn er eine solche Formulierung liest – aber was kümmert das die Fürsten-Richter. Das ist Grund genug, um einen Stiftungsrat zu feuern.

Auf jeden Fall führt auch das dazu, dass der Stifter als Stiftungsrat abserviert ist.

Ha, mag er sich denken, so geht das ja nicht, das ist ein Verstoss gegen Treu und Glauben und einige weitere Gesetzesparagrafen. Also sucht der Beraubte sein Heil in der Justiz und überzieht die beiden Stiftungsrats-Halunken mit Klagen und Anzeigen.

Aber nun lernt er die fürstliche Justiz kennen. Die Anzeigen werden relativ schnell abgeräumt; die Staatsanwaltschaft sieht da keinen Anfangsverdacht, und ohne Anfangsverdacht keine Strafuntersuchung, und ohne Strafuntersuchung keine Anklage, und ohne Anklage kein Prozess, und ohne Prozess keine Verurteilung. Ist doch nachvollziehbar und logisch.

Also setzt der Bestohlene und Betrogene seine ganze Hoffnung auf das zivile Verfahren. Aber besser hätte er jede Hoffnung fahren lassen. Denn so schnell die Staatsanwaltschaft auch sein mag, hier gilt Schneckentempo. Oder genauer gesagt: ein Tempo, bei dem selbst eine Schnecke wegschnarchen würde.

Monat und Monat, Jahr um Jahr kann hier vergehen, ohne dass der Kläger nur einen Schritt weitergekommen wäre. Und dann geht das Ganze normalweise den biologischen Gang. Was noch von der Stiftung übrig ist, bekommen dann mal die Erben des unglücklichen Stifters und Ex-Begünstigten.

Gut für sie, dass sie nicht wissen, dass die Stiftung mal 100 Millionen wert war. Denn ausbezahlt bekommen sie auf Anfrage läppische 2500 Franken, begleitet von einem Warnruf der Untreuhänder, dass sie dann noch ganz andere Honorarnoten für ihren Einsatz Tag und Nacht stellen könnten, und dann wären die 2500 auch weg, plus offene Rechnungen.

Bösartige Unterstellung, passiert doch nicht in Liechtenstein, und wenn doch, dann greife die Justiz korrigierend ein? Nun, wer so denkt, sollte sein Geld ja nicht in Liechtenstein in einer Stiftung anlegen. Denn schneller, als er sich’s versieht, ist er’s los.

 

 

20 Kommentare
  1. DAS SYSTEM in Liechtenstein
    DAS SYSTEM in Liechtenstein sagte:

    Seit etwa zehn Jahren erfogt das Kapern und anschliessende Dekantieren, also Ausbeuten Liechtensteiner Stiftungen systematisch. Wenn die Statuten einer Stiftung die Abwahl eines (ausländischen) Stiftungsrates nicht vorsehen, wird dieser eben durch den Vorwurf eines angeblichen Interessenskonflikts abberufen. Die stets gleichen Richter am Fürstlichen Landgericht und am Obergericht sind (aus welchen Gründen auch immer) willfährig und geben Anberufungsanträgen mit den absurdesten Begründungen statt. Die Liechtensteiner Stiftungsräte entziehen dann den abberufenen Stiftungsräten, wenn sie Begünstigte sind, einfach deren gesetzliches Informations- und Kontrollrecht. Damit haben die Liechtensteiner Stiftungsräte die völlige Kontrolle über das Stiftungsvermögen und haben die Kontrollmöglichkeit der Begünstigten eliminiert. Das ist das System in Liechtenstein.

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  2. Florian Hofmann
    Florian Hofmann sagte:

    Nachdem seit vielen Jahren nicht ernsthaft gegen die in Liechtenstein existierende Wirtschaftskriminalität vorgegangen wird ist davon auszugehen, dass diese nicht nur staatlich geduldet, sondern sogar staatlich gefördert wird. Kriminelle Treuhänder werden mithilfe der fürstlichen Justiz (Staatsanwaltschaft, Gerichte) geschützt.

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  3. Private Banking Magazon warnt vor FL-Stiftungen
    Private Banking Magazon warnt vor FL-Stiftungen sagte:

    Wie im vorherigen Artikel erwähnt wird im deutschen «Private Banking Magazin» vor Liechtensteiner Stiftungen gewarnt:

    «Sollte ein begünstigter Stiftungsrat eine unliebsame Entscheidung treffen wollen, etwa den Wechsel des Standorts oder des Treuhänders aus Kostengründen, lässt er sich ganz elegant vor die Tür setzen. Der Treuhänder muss sich dafür nicht einmal die Hände schmutzig machen. Das erledigt die gerichtliche Stiftungsaufsicht für ihn. Von Rechtssicherheit kann zumindest für die Familienstiftungen mit entsprechender Governance keine Rede mehr sein.»

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  4. So funktioniert die Masche
    So funktioniert die Masche sagte:

    So funktioniert die Masche wie geschmiert:
    Es wird ein Abberufungsantrag gegen den ausländischen Stiftungsrat und Begünstigen gestellt. Am besten mit der Rechtsanwaltskanzlei Lorenz Nesensohn Rabanser, da gehen diese Anträge zufälligerweise immer durch. Der stets zuständige Richter am Fürstlichen Landgericht Rosenberger beruft den ausländischen Stiftungsrat mit irgendeiner noch so absurden Begründung ab und der stets zuständige 1. Senat des Fürstlichen Obergerichts unter Richter Ungerank segnet die Abberufung ab.

    So geschehen beim Perry-Skandal, Bacardi-Skandal und Hartlaub-Skandal.

    Die Liechtensteiner Stiftungsräte stellen den abberufenen Stiftungsrat, der noch Begünstigter ist, dann kalt und entziehen ihm dessen Informations- und Kontrollrecht. Dann wird die Stiftung oder der Trust unkontrolliert geplündert.

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  5. Stefan
    Stefan sagte:

    Solche Machenschaften stellen eine Mischung aus wirtschaftlicher Kriminalität, Finanzdelikten und möglicherweise organisierter Kriminalität dar, die nicht nur das Vertrauen in das Finanzsystem Liechtensteins, sondern auch in die Rechtsstaatlichkeit Liechtensteins beeinträchtigen.

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  6. Bedienungsanleitung für Treuhänder
    Bedienungsanleitung für Treuhänder sagte:

    Philipp Wanger und Martin Batliner zeigen aktuell im Hartlaub Skandal allen anderen Treuhändern, was man in Liechtenstein als Treuhänder machen kann:

    1. Man nehme sich aus der Stiftung, deren Interessen man wahren sollte, 75.000 Franken pro Monat pro Person.

    2. Wenn der mithilfe des Gerichts abservierte Stiftungsrat und Begünstigte es tatsächlich wagt, mit einem Abberufungsantrag gegen sie vorzugehen, dann entzieht man ihm eben dessen gesetzliches Informationsrecht. So ist er kalt gestellt und kann nicht mehr sehen, wie sich die beiden unkontrolliert aus der Stiftung bereichern.

    3. Sollte der absolvierte Stiftungsrat und Begünstigte sich immer noch nicht zermürben lassen, dann entzieht man ihm eben dessen Begünstigung und stellt sich auf den Standpunkt, er habe mit der Stiftung nichts mehr zu tun und deswegen falle auch dessen Abberufungsantrag in sich zusammen.

    Und als Kriegskasse nimmt man als Treuhänder natürlich das Stiftungsvermögen.

    Wenn die beiden damit durchkommen, ohne abberufen zu werden, dann sind sie die besten und erfolgreichsten Treuhänder Liechtensteins aller Zeiten. Sich jeder etwa eine Million Franken im Jahr aus einer Stiftung nehmen und den Begünstigten kalt stellen – das ist ein Meisterwerk!

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  7. Niklas
    Niklas sagte:

    Wenn man das hier so liest, dann kann man kaum glauben, dass Liechtenstein insgesamt nicht schon auf irgendeiner Sanktionsliste steht. Da laufen ja lauter krumme Sachen.

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  8. "Wie Stifter in Liechtenstein enteignet werden"
    "Wie Stifter in Liechtenstein enteignet werden" sagte:

    Das Entfernen von ausländischen Stiftungsräten durch liechtensteiner Stiftungsräte ist ein perfides System, welches immer wieder angeewendet wird.

    Das Private Banking Magazin hat schon in einem früheren Artikel hiervor gewarnt.

    Überschrift «Wie Stifter in Liechtenstein enteignet werden»

    «So mancher findiger Anleger hatte in der Vergangenheit sein Geld mittels einer Liechtensteiner Stiftung vor dem Fiskus versteckt. Für manchen gibt es nun ein bösen Erwachen, nicht wegen Datenlecks, sondern weil er von den anderen Stiftungsräten aus der Stiftung verbannt wird.»

    https://www.private-banking-magazin.de/fehler-bei-stiftungsstatuten-wie-stifter-in-liechtenstein-enteignet-werden-1420651842/

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  9. Hans A.
    Hans A. sagte:

    Es liegt alles am Fürsten. Er könnte dafür sorgen, dass aus dem Unrechtsstaat Liechtenstein ein Rechtsstaat wird. Aber er müsste dies eben wollen.

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  10. Roberto
    Roberto sagte:

    Nach der neuesten Rechtsprechung in Liechtenstein kann ein (ausländischer) Stiftungsrat und Begünstigter einer Stiftung allein wegen des «blossen Anscheins einer möglichen Interessenskollision» abberufen werden. Damit ist es ein Kidnerspiel für jeden Liechtensteiner Stiftungsart, seinen lästigen Mit-Stiftungsrat und Begünstigten loszuwerden. Eine Liechtensteinische Stiftung ist daher absolut unsicher.

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