Ein paar Miszellen zur fürstlichen Allmacht im Ländle.

Wenn es ein neues Gesetz in Liechtenstein gibt, beginnt das mit den Worten: «Dem nachstehenden vom Landtag gefassten Beschluss erteile Ich Meine Zustimmung.» Man beachte: «Ich Meine«. Es kann natürlich nur einen geben, dessen Pronomen wider alle Rechtschreibung gross geschrieben werden.

Richtig geraten, der Fürst. Der ist nun unpässlich, also endet jedes Gesetz im Ländle mit der Formel: «In Stellvertretung des Landesfürsten: gez. Alois, Erbprinz«. Ein weiteres Privileg, wenn man fürstlichen Blutes ist: der Vorname reicht.

Geradezu rührend ist, dass dann noch eine weitere Unterschrift folgt, diejenige des jeweiligen «Fürstlichen Regierungschefs».

Auch im Gerichtsorganisations-Gesetz von 1922 wird gefürstet, dass es nur so eine Art hat:

«1) Die Gerichtsbarkeit in bürgerlichen Rechtssachen wird durch das Fürstlich liechtensteinische Landgericht, durch das Fürstlich Obergericht in Vaduz und den Fürstlichen Obersten Gerichtshof in Vaduz im Auftrage des Fürsten ausgeübt.
2) Die Gerichtsbarkeit in Strafsachen wird in erster Instanz durch das Fürstlich liechtensteinische Landgericht (Kriminalgericht, Schöffengericht, Einzelrichter), in zweiter Instanz durch das Fürstliche Obergericht in Vaduz und in dritter Instanz durch den Fürstlichen Obersten Gerichtshof in Vaduz ausgeübt.»
Was für ein Glück für den Fürsten, dass Seine Durchlaucht selbst ausserhalb, also genauer gesagt oberhalb des Gesetzes steht. Denn es wäre ja auch irgendwie blöd, wenn sich ein Fürst vor einem fürstlichen Gerichtshof mit fürstlichen Richtern in Anwendung fürstlicher Gesetze seinem eigenen Fürstentum verantworten müsste.
Aber natürlich geht’s nicht nur im Ländle fürstlich zu: «Der Fürst vertritt den Staat Liechtenstein gegenüber ausländischen Staaten», heisst es in Artikel 8 der Verfassung. Aber zurück ins Landesinnere, obwohl das alles den Fürsten eigentlich nicht kratzt, ist dennoch sichergestellt: «Der Fürst wirkt aktiv im Gesetzgebungsprozess mit.»
Ihr mag sich der nicht-fürstliche Laie aber fragen wieso das eigentlich sein muss, wo doch der Fürst, bzw. jedes Mitglied des Fürstenhauses, «welches für den Fürsten die Funktion des Staatsoberhaupts ausübt», «umfassende Immunität geniesst».
Nun könnte es ja auch sein, dass Not am Mann ist, genauer, rasches und energisches Handeln gefragt, wozu es nun einen entschlossenen Fürsten, und nicht etwa eine vielleicht zögerliche Landesregierung braucht. Auch da ist Vorkehr getroffen: «Der Fürst hat das Recht, unter gewissen Umständen Notverordnungen zu erlassen.»
Allerdings will uns doch scheinen, dass das etwas doppelt gemoppelt ist, da der Fürst sowieso machen kann, was er will.
Nett hingegen vom Fürsten ist das hier: «Dem Fürsten steht das Recht der Begnadigung zu.» Das ist wunderbar, nur lässt sich nicht eruieren, wann, wenn überhaupt, der Fürst dieses aus dem 16. Jahrhundert stammende Recht angewendet hat.
Sicherlich nicht zur Anwendung käme es bei folgendem Vorfall: «Wenigstens 1 500 Landesbürgern steht das Recht zu, eine Initiative auf Abschaffung der Monarchie einzubringen.»
Glücklicherweise waren bislang wenigstens 1500 Landesbürger nicht so antiroyal, dass sie auch nur im Traum daran gedacht hätten, den Fürsten abschaffen zu wollen.

Das ist auch gut so, denn anschliessend würde es ein wenig kompliziert werden:

«Im Falle der Annahme der Initiative durch das Volk hat der Landtag eine neue Verfassung auf repu- blikanischer Grundlage auszuarbeiten und diese frühestens nach einem Jahr und spätestens nach zwei Jahren einer Volksabstimmung zu unterziehen. Dem Landesfürsten steht das Recht zu, für die gleiche Volksabstimmung eine neue Verfassung vorzulegen.»

Da erheben sich einige fürstliche, ihm, verfassungsrechtliche Fragen. Wenn das Volk Gott bewahre, eine solche Initiative annehmen würde, müsste sie doch eigentlich vom Fürsten genehmigt werden, um in Rechtskraft zu erwachsen.

Aber Item, sollte das geschehen, aber eher stürzt der Himmel ein, hätten alle mindestens ein Jahr Zeit, darüber nachzudenken, was sie da angestellt haben. Frühestens dann käme eine «republikanische» Verfassung zustande und zur Abstimmung. Wobei der immer noch herrschende Fürst das Recht hätte, eine eigene, neue Verfassung vorzulegen. In der könnte dann stehen: «Artikel 1, ich bleibe Fürst».

Würde das wiederum angenommen, dann, hm, hätte eine siegreiche Volksinitiative zur Abschaffung der Monarchie damit geendet, dass die Monarchie fortgeführt wird. Aber immerhin, es ist zu hoffen, dass weder die Initianten noch das Volk einer peinlichen Befragung unterzogen würden, wieso sie denn auf diese hirnverbrannte Idee gekommen sind.

9 Kommentare
  1. Liechtenstein kein Rechtsstaat
    Liechtenstein kein Rechtsstaat sagte:

    Liechtenstein ist kein Rechtsstaat, denn ein Rechtsstaat ist ein Staat, in dem die Ausübung staatlicher Macht rechtlich geregelt und begrenzt ist, um die Rechte und Freiheiten der Menschen zu schützen. Die zentralen Merkmale eines Rechtsstaats umfassen u.a.:

    1. **Gewaltenteilung:** Die staatliche Macht ist in unabhängige Bereiche aufgeteilt: Legislative (Gesetzgebung), Exekutive (vollziehende Gewalt) und Judikative (Rechtsprechung). Dies dient der gegenseitigen Kontrolle und Balance der Macht.
    In Liechtenstein gibt es keine Gewaltenteilung, muss der Fürst jedem Gesetz seine Zustimmung erteilen, der Fürst mischt sich daher in die Legislative ein, der Fürst vertritt den Staat Liechtenstein gegenüber ausländischen Staaten und hat das Recht der Begnadigung, beides fällt unter die Exekutive. Und «Der Fürst wirkt aktiv im Gesetzgebungsprozess mit» und ist Vorsitzender des Richterwahlgremiums, mischt also in der Legislative mit.

    2. **Rechtsgleichheit:** Alle Bürger sind vor dem Gesetz gleich und haben die gleichen Rechte und Pflichten. Keine Person oder Gruppe steht über dem Gesetz.
    In Liechtenstein gibt es keine Gleichheit vor dem Gesetz, werden bekanntlich Ausländer von den Gerichten anders behandelt als Liechtensteiner. Und der Fürst steht über dem Gesetz.

    3. **Unabhängige und unparteiische Justiz:** Gerichte und Richter müssen unabhängig sein und unparteiisch urteilen. Sie sollen ohne Einflussnahme von Politik oder anderen externen Kräften handeln.
    In Liechtenstein ist die Justiz nicht unabhängig und unparteiisch, jedenfalls bis zuletzt wurden Ausländer von der Justiz anders behandelt als Einheimische, gilt für Ausländer anderes Recht als für Liechtensteiner.

    Ohne Gewaltenteilung, ohne Gleichheit vor dem Gesetz und ohne unabhängige und unparteiische Justiz ist ein Land kein Rechtsstaat.

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  2. Was ist ein Raubritterturm?
    Was ist ein Raubritterturm? sagte:

    Ein Raubritterturm war typischerweise eine Burg, die im Mittelalter von sogenannten Raubrittern genutzt wurde. Diese Ritter waren Adelige oder Landbesitzer, die ihre Macht missbrauchten, um Reisende und Händler zu überfallen.

    Sie symbolisieren eine Zeit der Anarchie und Gesetzlosigkeit im Mittelalter, in der lokale Adelige ihre Macht ausnutzten, um ihren eigenen Reichtum auf Kosten anderer zu vermehren.

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  3. Robber barons
    Robber barons sagte:

    «Robber baron» wird im Englischen verwendet und bezieht sich sowohl auf mittelalterliche Adlige, die Reisende ausraubten, als auch auf bestimmte Tycoons, die durch skrupellose Geschäftspraktiken großen Reichtum anhäuften.
    Hmmmmm…

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  4. Im Mittelalter angekommen
    Im Mittelalter angekommen sagte:

    Adelige, eine hierarchische Gesellschaftsstruktur, Durchlauchten, eine Burg, die katholische Kirche, all das steht für Liechtenstein … und für das Mittelalter.

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  5. so modern
    so modern sagte:

    Immerhin dürfen Frauen jetzt in Liechtenstein auch wählen. Wenn auch erst seit 1986 und als letztes Land in Europa…🤪

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    • männlich/weiblich/divers
      männlich/weiblich/divers sagte:

      In Liechtenstein dürfen nur männliche Familienmitglieder Fürst werden.
      Weibliche bleiben davon ausgeschlossen.
      Diverse? Die werden wohl im Schloss versteckt.

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