Non olet, sagt man gerne in Liechtenstein. Bis man erwischt wird.

Liechtenstein war eines der ersten Länder in Europa, das sich den US-Sanktionen gegen Russland anschloss. Bis Ende 2023 hatten die USA 723 Sanktionen erlassen. Das ist ein Klacks gegen die EU, die hat es auf 1’435 gebracht. Rekordhalter ist die Schweiz, die mehr oder minder unbesehen alle Sanktionen von USA und EU übernimmt und daher stolze 1’971 befolgt.

Nun arbeitet Liechtenstein nach diversen Skandalen, meistens verursacht von seinen Treuhändern, intensiv daran, sich als sauberen Finanzplatz zu präsentieren. Reiche Russen, auch das Umfeld des Präsidenten und sogar Putin selbst, versuchen schon seit Langem, aus Sicherheitsgründen die beneficial Owner, also die eigentlichen Besitzer ihrer Reichtümer, Yachten, Immobilien, Goldreserven und Bankkonten, zu verschleiern. Mit doppelter Kraft tun sie das seit dem Februar 2022.

Dafür eignet sich unter anderem prima ein Tarnkonstrukt in Liechtenstein, betrieben von einem verschwiegenen und dem Anwaltsgeheimnis verpflichteten Treuhänder. Non olet, sagt der sich, Geld stinkt nicht, unabhängig davon, wo es herkommt.

Schliesslich bedeutete das Ende des Geschäftsmodells Schwargeldbunker einen schmerzlichen Rückgang der zu betreuenden Stiftungen. Wer in den guten alten Zeiten bei Hunderten Verwaltungsgebühren und andere Einnahmen abgreifen konnte, sitzt nun ziemlich auf dem Trockenen – mit ein paar Dutzend oder sogar noch weniger.

Daher schreibt die «Süddeutsche Zeitung» ganz richtig, dass diese Sanktionen Liechtensteiner Treuhändern überhaupt nicht gefallen, «die seit Langem reichen und zweifelhaften russischen Kunden willig zu Diensten sind». Noch schlimmer:

«In annähernd jedem Liechtensteiner Schwarzgeld- und Geldwäscheskandal der Vergangenheit waren Treuhänder verwickelt. Und seit Monaten wird ein Fall nach dem anderen bekannt, wo Treuhänder aus dem Fürstentum russischen Oligarchen und mutmaßlich sogar Wladimir Putin persönlich dabei halfen, ausländische Vermögenswerte zu tarnen.»

Selbstverständlich, da sind wir ganz sicher, waren das alles Einzelfälle, Ausnahmen, schwarze Schafe, während (fast) alle Liechtensteiner Treuhänder katholisch-fromm nur lautere und saubere Geschäfte betreiben.

Nun hat aber in Liechtenstein auch der Blitz eingeschlagen. In den USA ist die Behörde OFAC im Finanzministerium für die Umsetzung und Kontrolle der Einhaltung der Sanktionen zuständig. Und die kennt kein Pardon; wer einmal auf ihrer öffentlich einsehbaren Liste steht, ist verloren. Keiner will mehr etwas mit den dort Aufgelisteten zu tun haben, zu gross ist die Angst vor den USA.

OFAC wirft der Ruggeller Firma Sequoia Treuhand Trust vor, sie unterhalte laut SZ «enge geschäftliche Verwicklungen in den innersten Kreis des russischen Machthabers Wladimir Putin». Konkret: Das OFAC wirft Sequoia vor, «Luxusimmobilien, die in Verbindung mit dem Oligarchen stehen, verwaltet» zu haben. Usmanow gilt als einer der reichsten Männer Russlands und ebenfalls als persönlicher Freund Putins. Seit 2022 steht sein Name auf westlichen Sanktionslisten.»

Wie es sich für Liechtenstein gehört, gab sich Squoia «überrascht» und versprach schnellstmögliche Aufklärung, denn man könne sich so etwas gar nicht vorstellen. Besonders peinlich für das Ländle ist, dass es mal wieder einen Honoratioren erwischt hat. Denn der Geschäftsführer von Sequoia sass bis 2018 im Verwaltungsrat der Liechtensteiner Landesbank, die staatlich erste Adresse im Ländle.

Nicht zuletzt deswegen hielten es die Liechtensteiner Behörden lange Zeit nicht für nötig, hier genauer hinzuschauen, obwohl schon längst die Gerüchte anschwollen, dass die Sequoia sich im Dunstkreis von Gennadi Timtschenko und Amischer Usmanov bewegte, die wiederum dem russischen Kremlherrscher nahe stehen.

Gut möglich, dass Liechtenstein den gleichen Fehler wie beim Steuerstreit wiederholt. Auch damals liess es seine Treuhänder um den famosen Herbert Batliner lange, zu lange wirken und werkeln und lustige Sachen sagen wie die, dass ihn der steuerliche Zustand ihm anvertrauter Guthaben nicht interessiere und nichts angehe.

Dann ging das System Batliner mit Getöse unter, das Fürstentum schwor auf Weissgeldstrategie und trat dem Automatischen Informationsaustausch bei.

Seither ist es viel schwerer, in Liechtenstein Schwarzgelder zu bunkern. Aber wenn ein schummriges Geschäftsmodell wegfällt, muss ein neues her. Und da meinten offensichtlich einige Treuhänder – Einzelfälle, schwarze Schafe –, dass Geschäfte mit russischen Oligarchen doch ein guter Ersatz sei. Diskrete Kundschaft, meckert nicht bei turmhohen Verwaltungsgebühren und mickrigem Ertrag, alles wäre super, wenn man nicht immer so viel Wodka saufen müsste.

Das ging auf die Leber, aber nun haben die Treuhänder ein viel gröberes Problem.

Und das Image «sauberer Finanzplatz» hat einen weiteren Tolggen ins Reinheft gekriegt. Erstaunlich, dass die fürstliche Regierung, die fürstliche Justiz, die fürstliche Strafverfolgungsbehörde und schliesslich der Fürst selbst und seine Durchlaucht der herrschenden Erbprinz Alois auch hier wieder zu lange zuschauen.

7 Kommentare
  1. Zahlenmensch
    Zahlenmensch sagte:

    Liechtenstein hat die aktuelle Anzahl der privatnützigen Stiftungen aktualisiert. Der Rückgang ist erneut signifikant:
    Zum 31.12.2023 waren es gerade noch 7‘662 Stiftungen.

    In dem einen Jahr vom 31.12.2022 (7‘982) zum 31.12.2023 (7’662) eine Verringerung von 4,01 %.
    In den 10 Jahren vom 31.12.2013 (24‘109) zum 31.12.2023 (7’662) eine Verringerung (7‘662) um 68,22 %.
    Vom 31.12.2008 (50‘287) bis 31.12.2023 (7’662) eine Verringerung um 84,76 %.

    Ende 2008: 50’287
    Ende 2011: 32’532
    Ende 2012: 28’815
    Ende 2013: 24’109
    Ende 2014: 20’317
    Ende 2015: 16’824
    Ende 2016: 13’924
    Ende 2017: 11’230
    Ende 2018: 10′166
    Ende 2019: 9’239
    Ende 2020: 8’693
    Ende 2021: 8’233
    Ende 2022: 7’982
    Ende 2023: 7‘662
    https://www.stifa.li/zahlen-fakten/

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    • @ Zahlenmensch
      @ Zahlenmensch sagte:

      Rechne doch mal aus, in wieviel Jahren das Ländle dann mehr Casinos als Stiftungen hat, wenn das so weitergeht.

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  2. rolando
    rolando sagte:

    Das Office of Foreign Assets Control (OFAC), eine Abteilung des US-Finanzministeriums kann nicht nur Sanktionen gegen Einzelpersonen, sondern auch gegen bestimmte Länder und Regierungen durchführen. Vielleicht gibt es bald Sanktionen gegen das Land Liechtenstein, man liest ja überall, dass dort systematisch ausländische Personen von untreuen Treuhändern mit Unterstützung der Justiz beraubt werden.

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  3. Troi Händer
    Troi Händer sagte:

    Die Süddeutsche Zeitung schreibt «In annähernd jedem Liechtensteiner Schwarzgeld- und Geldwäscheskandal der Vergangenheit waren Treuhänder verwickelt. Und seit Monaten wird ein Fall nach dem anderen bekannt….» Dass der Fürst dennoch Liechtensteins Treuhänder ungehindert agieren lässt, ist nicht verständlich, es sei denn, er will bewusst nichts dagegen tun.

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  4. Die ständigen „Einzelfälle“
    Die ständigen „Einzelfälle“ sagte:

    Selbstverständlich sind das alles Einzelfälle, Ausnahmen, schwarze Schafe, jeden Monat wieder Einzelfälle, Ausnahmen, schwarze Schafe…

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  5. Treuhänder und die Reputation des FL
    Treuhänder und die Reputation des FL sagte:

    Dass sogar die Süddeutsche Zeitung schreibt «In annähernd jedem Liechtensteiner Schwarzgeld- und Geldwäscheskandal der Vergangenheit waren Treuhänder verwickelt.»
    😂😂😂

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