Adlige geniessen in Europa immer noch Privilegien. Aber nirgends so wie in Liechtenstein.
Wir leben in Europa in Rechtstaaten, wo alle gleich sind. Einige sind aber gleicher.
Der absolutistische Herrscher in Liechtenstein hat’s gut: «Die Person des Landesfürsten untersteht nicht der Gerichtsbarkeit und ist rechtlich nicht verantwortlich», steht in der Verfassung. Das heisst nun nicht, dass er straffrei einen Untertanen überfahren darf. Aber wann lenkt seine Durchlaucht auch schon selbst ein Auto.
Gleiches gilt auch für das englische Königshaus. Gegen die Queen, oder inzwischen auch den King, darf keine Anklage erhoben werden. Er braucht weder Pass, noch Führerschein, noch Nachnamen. In königliche Privatgrundstücke darf die Polizei ohne Erlaubnis nicht eindringen, auch nicht, um Straftaten zu untersuchen. King Charles III. dürfte sich besonders darüber gefreut haben, dass die englische Monarchie auch von der Erbschaftssteuer befreit ist. Alleine für seine Erbschaft des Herzogtums Lancaster im Wert von rund 750 Millionen Pfund hätte er ansonsten 40 Prozent dem Staat abgeben müssen.
Auch der belgische König, der einem Adelshaus entstammt, das wohl für die schlimmsten Kolonialverbrechen in Afrika verantwortlich ist, kann weder strafrechtlich, noch zivilrechtlich noch politisch verfolgt oder verurteilt werden. Minister oder Abgeordneten dürfen zudem sein Verhalten nicht öffentlich kommentieren oder kritisieren.
Dazu Andorra, Dänemark, Luxemburg, Monaco, die Niederlande, Schweden, Spanien, die Liste der existierenden Monarchien ist lang. Auch der Vatikanstaat bildet eine göttliche Ausnahme vom normalen Strafrecht.
In die Bredouille geriet trotz Unantastbarkeit der ehemalige spanische König Juan Carlos, der sich vorsichtshalber eine Weile ins Exil nach Abu Dabhi zurückzog. Er war zwischen 1974 und 2014 formell das Staatsoberhaupt Spaniens, verliess aber 2020 sein Königreich durch die Hintertür. Er war nicht nur als Schwerenöter und Elefantenjäger bekannt, sondern stand auch im Verdacht, fleissig Schmiergelder angenommen zu haben.
Ganz unköniglich zahlte er immerhin 5 Millionen Euro an Steuerschulden nach. Aber die spanische Staatsanwaltschaft stellte 2022 gnädig alle Ermittlungen gegen den Ex-Monarchen ein. Entweder könnte sein finanzielles Gebaren wegen seiner Unantastbarkeit als König nicht verfolgt werden, oder es sei bereits verjährt, lautete die salomonische Begründung.
Meistens reduziert sich aber die monarchische Macht auf Pomp und formelle Funktionen wie die Ernennung von Ministern oder das huldvolle Winken vom Balkon bei Staatsakten. Natürlich ist auch eine königliche Haltung zu erwarten, unerreicht und exemplarisch von Queen Elizabeth vorgelebt, die niemals in ihrer langen Regentschaft öffentlich die Fassung verlor. «The queen is not amused» war das höchste der Gefühle. In der Netflix-Serie «The Crown» gibt es die grossartige Szene, wo ihr Leibarzt nach der Untersuchung zu ihr sagt, dass ihr kommender Aufenthalt in Balmoral ihr sicherlich sehr gefallen werde. «Das war nun aber eine recht persönliche Bemerkung», weist sie ihn streng zurecht.
Während aber eigentlich überall in Europa die Monarchien einfach ein paar Privilegien besitzen, aber keine eigentliche Macht mehr, ist das im Ländle ganz anders. Dort ernennt der Fürst die Regierung, kann aber einem Minister auch die Ernennung verweigern. Genau gleich verhält es sich bei den Richtern, die nur mit durchlauchtiger Erlaubnis ihr Amt antreten dürfen. Sollte dem Regenten eine Entscheidung des Parlaments nicht passen, kann er ihre Inkraftsetzung verweigern oder gleich das Parlament auflösen.
Als eine Volksinitiative sich erfrechte, seine absolutistische Macht einzuschränken, drohte der Fürst damit, sich bei Annahme grollend ins Exil nach Österreich zu begeben. Natürlich sahen seine Untertanen von einer solchen Majestätsbeleidigung dann ab. Ansonsten fallen Mitglieder des Fürstenhauses durch die Beteiligung an schwiemeligen Unternehmen auf – oder versterben unter ungeklärten Umständen. Alles noch wie im tiefsten Mittelalter in Liechtenstein, wo Urteile im Namen «von Fürst und Volk» verkündet werden. In dieser Reihenfolge.
Allerdings haben es auch diese Urteile gelegentlich in sich. Eine gefälschte Unterschrift auf einem Dokument? Na und, das macht in Liechtenstein das Dokument nicht automatisch ungültig. Auch eine gefälschte Bilanz einer Firma ist kein Grund zur Aufregung.
Denn im Ländle herrscht der Fürscht, beziehungsweise sein herrschender Erbprinz, und es herrschen merkwürdige Sitten an den Gerichten. Die können sowieso nur von Liechtensteiner Anwälten durchschaut werden; sie alleine sind dazu berechtigt, vor Gericht aufzutreten.
Das bedeutet schon mal, dass jeder, der beispielsweise gegen einen Liechtensteiner Untreuhänder prozessieren will, zunächst einen Anwalt finden muss, der sich überhaupt traut, gegen einen Kollegen vorzugehen. Denn die Welt ist klein im Ländle, klein und überschaubar. Man begegnet sich nicht nur einmal, und die Grenzen zwischen den verschiedenen Funktionen sind fliessend.
Nun hätte die absolutistische Machtstruktur Liechtensteins eigentlich einen Vorteil. Der Fürscht, Pardon, seine Durchlaucht, der herrschende Erbprinz Alois, könnte problemlos über die Stränge schlagende Untreuhänder, die zudem der Reputation Liechtensteins als sauberer Finanzplatz schweren Schaden zufügen, in den Senkel stellen.
Ein Wink von ihm, und Prozesse würden sich gewaltig beschleunigen, vormals geschützte gierige Abzocker stünden plötzlich im Regen und müssten von ihrem unanständigen Tun lassen.
Denn das Herrscherhaus in Liechtenstein kann noch so vieles, was keine einzige andere Monarchie in Europa mehr darf. Können täte es schon, nur wollen will es offenbar nicht.
Die Justiz im Ländle läuft wie geschmiert.
Was heisst hier nur der Fürst würde über dem Gesetz stehen? Wir die Treuhänder doch auch!
Es spielt doch überhaupt keine Rolle, ob man als FL-Treuhänder über dem Gesetz steht oder nicht, denn die Gerichte im FL entscheiden doch sowieso immer zugunsten der FL-Treuhänder.
Der Fürst untersteht nicht der Gerichtsbarkeit … aber nur in seinem Land, also nur in weniger als 0.0001 % der Erde. Also in 99,999 % der Erde schon.
Einmal in Vaduz falsch abgebogen und schwupps, schon untersteht man einer Gerichtsbarkeit.
Wieder mal inhaltlich falsch.
Vor FL Gerichten gibt es keinen Anwaltszwang. Man muss sich im Zivilverfahren vor dem FLG im Gegensatz zu Ö etwa auch dann nicht vertreten lassen, wenn es um 100 Mio geht. Wenn man will, kann man sich von jedem x-Beliebigen Anwalt oder Nichtanwalt vertreten lassen, auch von einem österreichischen Anwalt (welche vor Gericht meist keine allzu gute Figur abgeben, vor allem die Wiener)
Vladimir Putin steht in seinem Land auch sicher über der Gerichtsbarkeit. Ich glaube aber nicht, dass er jetzt in die USA einreisen würde.
Niemand steht höherer, weiterer und schnellerer über dem Gesetz als ich, nicht einmal der Prinz aus Zamunda, äääähhh Liechtenstein.
Ich sehe es so: es ist völlig irrelevant, ob ein Liechtensteiner über der Gerichtsbarkeit steht oder nicht.
Die «Justiz» im Ländle ist ja nur eine inszenierte Theateraufführung im Justizgebäude, die suggerieren soll, dass es um Recht gehe.
Die Rolle der Richter ist es, dafür zu sorgen, dass die heimische Partei Recht bekommt. Das geht mit seitenlangen Textbausteinen, die heute begründen, warum die Erde eine Kugel ist und morgen, warum die Erde eine Scheibe ist. Es kommt eben darauf an auf welcher Seite die heimische Partei steht. Man kann der ausländischen Partei ja auch nicht einfach schreiben «**** you».
Die Rolle der Rechtsanwälte, der gegnerischen wie der eigenen, ist es, das Theaterstück in die Länge zu ziehen. Möglichst viele Akte, möglichst viele Auftritte, über zwei Jahre für die erste Instanz. So generiert man am meisten Honorare. Der Richter spielt ja mit,
Und so ist die ganze Theaterkompanie glücklich und zufrieden.
So sehe ich das, oder täusche ich mich?